Kälber erfolgreich füttern - Teil 1

Teil 1: Wie viel Milch braucht das Kalb?

Das Ziel eines jeden Milchviehhalters ist es gesunde, leistungsfähige und fruchtbare Kühe zu züchten. Der Grundstein dafür wird in einer optimalen Fütterung und Management der Aufzuchtkälber gelegt. Dabei hat die Wissenschaft in der Kälberaufzucht in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse gewonnen.

Wie sieht nun eine optimale Fütterung des Kalbes aus?

Der Startschuss wird mit der Biestmilchversorgung nach der Geburt gegeben. Kälber sollten mindestens 4 Liter Biestmilch optimaler Qualität innerhalb der ersten 4 Lebensstunden erhalten. Bei der Biestmilchversorgung gilt: Je mehr, desto besser. Eine Schweizer Studie belegt, dass eine Kolostrumgabe von 4 Litern direkt nach der Geburt einen positiven Einfluss auf die Leistung in der ersten Laktation und die Tiergesundheit hat. Auf die erste Versorgung mit Biestmilch sollten mindestens 5 Tage mit sogenannter Übergangsmilch folgen. Übergangsmilch bezeichnet die Milch, die von der Mutter nach der ersten Biestmilch gemolken wird. Sie enthält neben wichtigen Immunglobulinen auch weitere essentielle Nährstoffe, die für die Entwicklung des Kalbes von entscheidender Bedeutung sind. In aktuellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Fütterung von Übergangsmilch einen großen Einfluss auf die Darmentwicklung von Kälbern hat. So wurde nicht nur die Entwicklung der Darmzotten, sondern auch die Besiedlung mit positiven Darmbakterien stimuliert.

Nach dieser entscheidenden Phase sollte dem Kalb entweder Vollmilch, welche mit einem Ergänzer aufgewertet wurde, oder ein hochwertiger Milchaustauscher (MAT) mit einem hohen Anteil an Milchprotein angeboten werden. Wir empfehlen zur Aufwertung von Vollmilch unsere ADDIFERM® Kälberkrone und als MAT für diese Phase unser PANTO® Kälbergold K60 oder K50 mit sehr hohen Magermilchanteilen von 60 % bzw. 50 %.

Die Menge der angebotenen Milch sowie die Tränkedauer haben einen hohen Einfluss auf die Entwicklung des Kalbes, der leider heute immer noch häufig unterschätzt wird. Was in dieser sensiblen Phase versäumt wird, kann jedoch später in der gesamten Entwicklung nicht aufgeholt werden!

In der Vergangenheit wurden häufig Tränkemengen von ca. 6 Liter Milch oder MAT pro Tier und Tag empfohlen. Die Tiere sollten so angeregt werden ihren Nährstoffbedarf früh über das angebotene Festfutter zu decken. Diese Empfehlung ist jedoch längst überholt. Kälber haben ein viel größeres Wachstumspotenzial, wenn sie die Chance bekommen hohe Milchmengen aufzunehmen.

Wir bei der HL Hamburger Leistungsfutter GmbH empfehlen eine intensive Tränkephase von 12 Liter pro Tier und Tag bei einem Milchaustauscheranteil im Wasser von 14 %. Diese 12 Liter Milch oder MAT sollten ab der 2. Lebenswoche bis zur 8. Lebenswoche angeboten werden. Ab der 8. Woche sollten die Kälber bis zur 12. Lebenswoche bis auf 2 Liter pro Tag abgetränkt werden bei einem Milchaustauscheranteil von 13 %.

Warum so viel Milch?

Der Erhaltungsbedarf eines Kalbes liegt bei ca. 10 MJ ME / Tag das entspricht etwa 4 Liter MAT. Unsere Kälber sollen jedoch nicht nur überleben, sondern auch wachsen. Dazu sind je nach Wachstumsleistung weitere ca. 10 – 20 MJ ME / Tag notwendig. Tränken wir den Kälbern nun lediglich 6 Liter MAT am Tag kann es aufgrund der geringen Energiezufuhr Tageszunahmen von lediglich 400 g erzielen. Füttern wir jedoch ca. 12 Liter MAT pro Tag sind Tageszunahmen von ca. 1.000 g realisierbar. Dieses Rechenbeispiel gilt jedoch nur im thermoneutralen Bereich von ca. 20 °C. Im Sommer und vor allem im Winter hat das Kalb einen viel höheren Energiebedarf um seine Körpertemperatur konstant zu halten. Beispielsweise benötigt es bei 0°C entweder 1 Liter MAT pro Tag mehr oder eine höhere MAT Konzentration zur Thermoregulation. Wenn wir also ein Kalb im Winter mit 1000 g Tageszunahmen versorgen wollen, müssen wir mind. 11 Liter Milchaustauscher bereitstellen. Wird das Kalb im Winter auch noch krank, muss ein weiterer Liter MAT dazugerechnet werden. Alte Fütterungsempfehlungen von lediglich 6 Liter Milch am Tag sind also nicht ausreichend um den Bedarf für Wachstum, Vitalität und Immunfunktion der Tiere zu decken! Vor allem nicht, wenn es kalt ist und sie krank werden.

Geht so viel Milchmenge überhaupt?

Es gibt die vielverbreitete Annahme, dass der Labmagen eines Kalbes lediglich 2 Liter Milch fassen kann und dann in den Pansen überläuft. 2016 wurde dies an der Universität für Veterinärmedizin in Oslo untersucht. Dabei wurde Kälbern Milch zur freien Aufnahme zur Verfügung gestellt und anschließend die Dehnung des Magens mittels röntgen untersucht. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Kälber sogar freiwillig über 6 Liter Milch pro Mahlzeit aufnahmen ohne dass Milch in den Pansen übertritt oder die Tiere Schmerzverhalten gezeigt haben. Das heißt, Kälber können ohne Probleme große Mahlzeiten aufnehmen. So kann Kälbern leicht mind. 12 Liter Milch am Tag, egal mit welchem Tränkesysteme, angeboten werden. Voraussetzung sind natürlich hygienisch einwandfreie Nuckel und Eimer.